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Wenn der Schmerz so groß ist

Ich halte es nicht mehr aus! Es ist nicht dieser eine Schmerz, es ist dieses eine von unzähligen Malen, welches das Fass zum Überlaufen bringt. Und plötzlich stehst du da und magst nicht mehr. Es sind nicht einmal mehr genug Tränen da, um sie zu vergießen. Leer. Leer geweint und leer gewütet. Dein ganzes schönes Haus aus selbst gebastelten Erwartungen und Enttäuschungen scheint in sich zusammenzufallen.

„Ich halte es nicht mehr aus.“, brüllt es von innen, aber es bleibt ein stummer Schrei. Er findet den Weg nicht raus, weil du es ihm schon viel zu oft verboten hast. Wie verhext drehen sich deine Gedanken in deinem Kopf, sie scheinen keinen Anfang und auch kein Ende zu finden. Negative Bilder und negative Worte quälen sich durch deinen Verstand und irren ziellos im Kreis umher. Du willst das nicht mehr. Du willst, dass es dir endlich wieder gut geht. Dass dieser Schmerz endlich aufhört und du wieder glücklich bist. Doch das Einzige, was wächst, ist der Widerstand und du beginnst, dich für diesen Zustand zu prügeln.

Ich halte es nicht mehr aus

An einem dieser schmerzvollen Tage wurde meine Mauerfrau geboren. Vielleicht war sie auch schon vorher da und hat die ersten Jahre in der Ausbildung zur Meisterin der Tarnung und der Architektur verbracht.

 

Zuerst hat sie mir geholfen, meine äußere Fassade richtig schön rauszuputzen. Glänzen und strahlen wollen wir nach außen. Wie es innen aussieht, das geht schließlich keinen etwas an. Das können oder wollen wir nicht zeigen, nicht einmal uns selbst. Ich habe ziemlich lange dieses Kleinkinder-Spiel gespielt und mir die Augen zugehalten, damit man mich nicht sieht. Und damit ich selbst nicht hinsehe, habe ich es mit einem Unsichtbar-Zauberspruch versucht.

Meine Mauerfrau hat diesen sofort verstanden und richtig reingehauen. Ganz alleine hat sie riesige Quadersteine rangeschafft und schnell und präzise eine erste Reihe um mein Herzchen gelegt. 

Doch damit nicht genug

Meiner Mauerfrau standen hervorragende Architekten zur Seite. Gemeinsam erschufen sie ein gut verschachteltes Pyramidensystem. Ich bin sicher, dieses Superteam hat die Erbauer der Tutanchamun Pyramide noch übertroffen. Dabei wollte ich nur auf Nummer sicher gehen und keine bösen Überraschungen mehr erleben. Nichts und niemand sollte mich je wieder verletzen können. Nicht einmal ich selbst.

Der Mörtel, der die Riesenquader zusammenhielt, bestand aus je einer Portion Selbstmitleid, Selbstzweifel, Minderwert, Mangel, Trauer, Einsamkeit und Angst. Und zur Sicherheit habe ich dann den Schlüssel zu meinem Herzchen nicht nur gut versteckt, sondern ich habe ihn gleich weggeworfen.

Es braucht immer einen Zweiten …

… keinen Zweitschlüssel für dein Herzchen sondern einen anderen Menschen, der dir zuhört. Jemand der dich reden lässt, frei raus, ohne Angst haben zu müssen, dass du ver(schlau)bessert wirst. Keine schlauen Ratschläge, die – so glauben wir – kommen ja meistens ohnehin von gerade den Menschen, die es selbst nicht auf die Kette kriegen. Das jedenfalls empfinden wir so und findet dieser Gedanke erst einmal Platz in unserem Kopf, dann gehen wir auf Abwehr oder schalten gleich in den Angriffmodus.

Angriff ist die beste Verteidigung, heißt es.

Es tut mir leid, das magst du jetzt vielleicht nicht hören, aber mit deinen Angriffen erreichst du nicht die anderen, sondern immer dich selbst. Und nur ein Wahnsinniger greift sich selbst an. Es ist also an der Zeit, umzudenken. Vielleicht findest du einen Menschen, mit dem du reden magst. Jemand, der dich nicht kennt, der dir nicht nahesteht, eventuell eine flüchtige Begegnung mit jemandem, der dir einfach nur sein Ohr anbietet. Sollte sich das für dich absolut unmöglich anhören, dann bitte doch jemanden, dem du vertraust, dir zuzuhören und anschließend keinen Rat zu geben.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass uns ganz oft die Angst vor einem gut gemeinten Ratschlag davon abhält, mit jemandem zu reden. In meiner ganz schlechten Phase habe ich daher um Folgendes gebeten: Ich will reden, nur reden. Ich will und brauche im Moment keine Ratschläge, kein Selbstoptimierungsgelaber, nur du, ich und dein Herz. Schenke mir Aufmerksamkeit und schaue mit Liebe auf mich. Ich will deine sorgenvollen Gedanken nicht, davon habe ich gerade selbst genug.

Hör dir selbst zu

Finde einen Zweiten und hör dir selbst zu. Die beste Erkenntnis ist die Eigene. Was hilft es dir, wenn alle Welt dir versucht etwas klarzumachen, du es aber nicht sehen kannst?

Nichts.

Das weckt einzig und allein die Mauerfrau und die kann nichts anderes, als die Mauer zu verstärken und dich zum Rückzug zu animieren. Genauso wenig helfen dir Menschen, die mit dir in das gleiche Horn blasen. Dann sind es zwei Menschen geworden, die mit den Wölfen heulen und da willst du ja raus.

Rede und höre dir gleichzeitig gut zu. Zuhören erfordert deine volle Aufmerksamkeit. Das wird vielfach falsch verstanden.

Die meisten Menschen sind beim Zuhören mit eigenen Gedanken beschäftigt oder denken das eben Gehörte weiter. Sei achtsam, wenn du redest, und lasse dir Raum zum Zuhören.

 

Unterbrich den Wirrwarr aus Gedanken und Gefühlen

Und tanze! Tanzen ist Hingebung der Seele an den Rhythmus der Musik. Dieser Augenblick, in dem du dich ganz der Musik hingibst, befreit dich und schafft eine Unterbrechung dieses Wirrwarrs aus Gedanken und Gefühlen. Besonders in Momenten, in denen du dich verloren fühlst, die ganze Welt unterzugehen scheint und du dich fühlst, wie der einsamste und traurigste Mensch auf der ganzen Welt schafft das Tanzen einen neuen Raum. Es ist, als wenn eine neue Tür aufgeht und du betrittst einen Raum, der neues Bewusstsein schafft. Weit weg von Verurteilung und alten, vertrauten Gedanken und Gefühlen. Nur du, die Bewegung und die Musik.

Lass die Musik deinen Körper und deine Seele erobern. Schließe die Augen und öffne dein Herz. Gib dich hin und tanze. Tanze die Liebe, tanze die Freude, tanze und tanze und tanze dein Leben.

Dieses kleine Ritual ist nicht nur für dich selbst hilfreich, es kann auch anderen helfen. Meine wundervolle Tochter und ich haben uns schon oft aus traurigen oder scheinbar aussichtslosen Momenten rausgetanzt. Fühlst du, dass es dir oder einem anderen Menschen schlecht geht, er feststeckt, dann dreh die Musik auf und tanze um dein Leben. Wild, leidenschaftlich und frei!

Solltest du jetzt denken: niemals! Dann mach es erst recht. Sei sicher, das ist nur Ego, welches dich gerne dort festhalten will, wo du gerade stehst. Du willst, dass es aufhört? Dann tanze!

Nimm deine Gefühle an und sei gut zu dir

Erlaube dir gute und doofe Gefühle und Gedanken zu haben, halte sie einfach nicht fest, sondern lass sie fliegen. Du kannst deine Gefühle nicht wegdenken und ebenso wenig kannst du deine Gedanken wegfühlen. Sie sind ein Teil von dir, aber du bist sie nicht. Klingt kompliziert. Aber nur auf den ersten Blick. Denn durch dein Urteil über deine Gedanken und Gefühle schenkst du ihnen Identität, gibst ihnen eine Form, die sie ohne dein Urteil gar nicht hätten. Sie wären neutral, vielleicht sogar völlig ohne Bedeutung.

Wie wäre es, wenn du heute damit beginnst, nicht mehr zu urteilen. Jedenfalls nicht mehr ständig und über alles. Das ist eine schwierige Aufgabe, das gebe ich gerne zu, aber sie lohnt sich so sehr. Weißt du, nur dadurch, das wir ständig urteilen, geben wir Dingen, Menschen und Situationen eine Bedeutung, und zwar die, die wir selbst ihnen zuschreiben. Am schwierigsten fällt uns das Loslassen vom Urteilen und Bewerten, bei von Menschen geschaffenen Dingen. Deswegen empfehle ich dir, damit in der Natur anzufangen.

Dafür musst du nicht einmal rausgehen (Achtung: kein Alibi mehr!). Ich bin ziemlich sicher, dass auch du irgendwo in deiner Nähe ein Fenster hast. Du kannst also rausschauen und selbst, wenn du in deiner Wohnung in einer Wohnsiedlung sitzt, du kannst raufschauen. Schau dir den Himmel an und atme. Lass den Himmel einfach sein, benenne nichts, was du siehst. Atme und sei gut zu dir! Mach das zu einer täglichen Übung, das klappt sogar während deiner Mittagspause oder während du im Auto vor einer roten Ampel wartest. Anstatt dir jedes Mal dein Handy vorzuknöpfen, versuche es mal mit dieser kleinen Übung. Du wirst sehen, kleine Wunder warten auf dich!

Was hast du dir heute Gutes getan?

Photo: Fotolia ©prudkov

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